Fachgespräche mit der Hannover Rück zur Vorbereitung einer Ernteversicherung in der Mongolei
Ackerbaubetriebe sind mit einer Vielzahl externer und interner Risikofaktoren konfrontiert. Regelmäßig auftretende Ertragsverluste oder Totalausfälle durch Wetterextreme infolge des Klimawandels bilden ein besonders großes Risiko für die mongolischen Landwirte. Faktoren wie der beschleunigte Klimawandel und die kurze Vegetationsperiode verstärken die bestehenden Risiken oder rufen neue hervor. Aus diesem Grund benötigen landwirtschaftliche Unternehmen in der Mongolei, heute mehr denn je, ein funktionierendes Risikomanagementsystem.
Das mongolische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Leichtindustrie (MELL) beabsichtigt eine landwirtschaftliche Versicherung für Ackerbaubetriebe zu etablieren. Eine staatlich geförderte Versicherungsstruktur soll vor allem im Weizenanbau eingeführt und für landwirtschaftliche Unternehmen angeboten werden, da Weizen als strategisches Erzeugnis gilt. Ein Gesetzentwurf für eine solche Versicherung befindet sich in Vorbereitung. Unter Leitung des MELL und des Finanzministeriums wurde eine Arbeitsgruppe gegründet. Mitglieder der Arbeitsgruppe sind neben den beiden Ministerien die Landwirtschaftliche Rückversicherung AG, Vertreter mongolischer Versicherungsunternehmen und das DMKNL. Im November 2016 organisierte das DMKNL eine Fachinformationsfahrt (FIF) nach Deutschland mit dem fachlichen Schwerpunkt „Agrarversicherung“. Die Delegation unter der Schirmherrschaft von Frau J. Saule, Vizeministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Leichtindustrie der Mongolei, hat sich mit Vertretern deutscher Versicherungsgesellschaften u. a. der Hannover Rück getroffen. Im Anschluß an den Besuch in Hannover hat das DMKNL Herrn Dr. Leif Heimfarth von der Hannover Rück als internationalen Berater zu dem Themen Ernteversicherung / indexbasierte Versicherung in dem Zeitraum vom 09.-12.04.2017 in die Mongolei eingeladen.
Im Rahmen seines Beratereinsatzes führte Herr Dr. Heimfarth Fachgespräche mit Vertretern des MELL, des Finanzministeriums, der Financial Regulatory Kommission (FRC) und der Landwirtschaftlichen Rückversicherung AG (AgRe). Ein allgemeiner Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit Versicherungsvertretern und Landwirten aus der zentralen Landwirtschaftsregion der Mongolei fand darüber hinaus statt. Somit konnte sich Dr. Heimfarth einen soliden Überblick über die gesamte Versicherungslandschaft sowie die örtlichen Gegebenheiten verschaffen.
Die Landwirtschaftliche Rückversicherung AG (AgRe) hat in 2016 in Zusammenarbeit mit mongolischen Versicherungsunternehmen ein erstes schadensbasiertes Versicherungsprodukt für Ackerbauern im Rahmen einer Pilotphase getestet. Während dieser Pilotphase wurde man mit einer Reihe von Problemen und Herausforderungen konfrontiert, u.a. ein hoher personeller und finanzieller Aufwand für die Schadensbewertung durch die Versicherungsfirmen. Aufgrund der hohen Versicherungsprämie war das Interesse seitens der Ackerbaubetriebe an diesem Versicherungsprodukt gering.
Herr Dr. Heimfarth empfahl daher einen indexbasierten Versicherungsansatz für die Mongolei. Im Unterschied zu den schadenbezogenen Versicherungen ist bei den indexbasierten Versicherungen keine Schadensbewertung auf den einzelnen Betrieben der Versicherungsnehmer notwendig, vielmehr ist eine mögliche Entschädigung an einen definierten Index (z.B. Niederschlagsmenge und -verteilung) gekoppelt. Die Versicherungsleistung erfolgt bei den Indexversicherungen in Abhängigkeit von objektiv messbaren und überprüfbaren Bezugsgrößen, die kostengünstig und nahezu vollständig automatisiert berechnet werden können. Dadurch können indexbasierte Versicherungsprodukte prinzipiell günstiger angeboten werden als schadensbezogene Versicherungen. Auch ist bei den Indexversicherungen die Gefahr der Manipulation des Schadensereignisses durch den Versicherungsnehmer kaum vorhanden. Herr Dr. Heimfarth thematisierte unter anderem, dass langfristig zugesagte Prämiensubventionen für die Stabilität und Nachhaltigkeit eines Agrarversicherungssystems unabdingbar sind. Diese sollten verlässlicher und dauerhafter Bestandteil des Staatshaushaltes sein.
Für die Einführung der indexbasierten Versicherungen sind einige Voraussetzungen zu erfüllen. So ist es notwendig, dass landwirtschaftliche Ertragsdaten auf Sum-Ebene über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren verfügbar sind. Ein enges Netz an Wetterstationen wäre vorteilhaft, aber nicht zwingend, da hier auch auf Satellitendaten zurückgegriffen werden kann. Aufklärungs- und Informationskampagnen für die Landwirte sind notwendig um diese für das Thema Risikomanagement / Ernteversicherung zu sensibilisieren. Fortbildungen für Mitarbeiter aus Versicherungsunternehmen und landwirtschaftlichen Betrieben sind für die erfolgreiche Einführung eines neuen Versicherungssystems ebenfalls von großer Bedeutung.